Browsing by Person "Rein, Carolin Vanessa"
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Publication Wirksamkeit, Nebenwirkung und Verteilung von Lithiumchlorid: ein neuer Wirkstoff zur Behandlung von Varroa destructor bei Honigbienenvölkern (Apis mellifera)(2024) Rein, Carolin Vanessa; Rosenkranz, PeterHonigbienen sind unverzichtbare Bestäuber sowohl für unser Ökosystem als auch für die Landwirtschaft. Die weltweit verbreitete ektoparasitische Milbe Varroa destructor stellt seit Jahrzehnten das größte Problem für Honigbienen und die Imkerei dar und gilt zweifellos als Hauptverursacher der periodischen Völkerverluste (Genersch et al. 2010; Le Conte et al. 2010). Derzeit gibt es kein zufriedenstellendes Behandlungsverfahren, das alle Anforderungen der Imker erfüllt. Im Jahr 2018 wurde mit Lithiumchlorid (LiCl) ein neuer Wirkstoff mit varroazider Wirkung entdeckt, welcher eine sehr gute Wirksamkeit auf Varroamilben mit einer guten Verträglichkeit für adulte Bienen verbindet (Ziegelmann et al. 2018). Aufgrund der systemischen Wirkungsweise kann er zudem sehr einfach angewendet werden und bietet dadurch großes Potential für eine effektive Varroabehandlung. Im Rahmen der Dissertation wurden verschiedene Applikationsformen von LiCl zur Behandlung von Bienenvölkern getestet und Daten zur Wirksamkeit, Nebenwirkung und Verteilung des Wirkstoffes erhoben. Die gesammelten Daten sollen dazu dienen, eine fundierte Bewertung der Chancen und Risiken für ein Zulassungsverfahren zu ermöglichen und erfolgsversprechende Strategien für die Zulassung zu entwickeln. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Feld- und Laborexperimente durchgeführt. Unter praxisnahen Freilandbedingungen führt die Applikation von LiCl zu konzentrationsabhängigen Schäden und hohen Ausräumraten der Bienenbrut. Diese Brutschäden sind von der Dauer der Fütterung und dem Larvenalter abhängig (Rein et al. 2022). Bei einer Fütterung von 25 mM LiCl überleben nur knapp 40% der Bienenbrut. Analysen der Lithium-Konzentration verschiedener Larvenstadien zeigen, dass in zwei Tage alten Larven noch kein Lithium nachgewiesen werden kann. Die Analysen der Futtersaftdrüsen haben bestätigt, dass das Sekret der Ammenbienen, mit dem die Königin und die jungen Larvenstadien gefüttert werden, weitgehend frei von Lithium ist (Rein et al. 2024). Daher sollte eine LiCl-Applikation kein Risiko für die Königin, oder die jungen Larven darstellen. In älteren Larven steigt die Lithium-Konzentration dagegen signifikant an (Rein et al. 2022). Dies ist auf die stadienspezifische Futterumstellung von reinem Futtersaft auf gemischtes Larvenfutter zurückzuführen. Hierbei wird auch eingelagertes Futter aus den umliegenden Waben beigemengt, wodurch auch zuvor eingelagertes Lithium weitergegeben werden kann. Aufgrund der schädigenden Wirkung von LiCl auf die Bienenbrut wurde eine Applikation für brutfreie Völker entwickelt und die Wirksamkeit unter Feldbedingungen getestet. Die Kombination einer brutfreien Phase durch Sperren der Königin mit der LiCl-Behandlung erzielte durchschnittliche Wirkungsgrade von 78 – 98% (Rein et al. 2024). Die höchsten Wirkungsgrade wurden erst bei einer Fütterungsdauer von > 5 Tagen erreicht, was zu Schäden bei der neu angelegten Brut nach der Brutpause führte. In Käfigversuchen, in denen jeweils eine Biene mit einer parasitierenden Milbe mit LiCl gefüttert wurde, konnten dagegen bereits nach 48 Stunden Milbenmortalitäten von über 95% erreicht werden (Rein et al. 2024). Offenbar verzögerte sich im Volk der Wirkungseintritt aufgrund des sozialen Futteraustauschs (Trophallaxis) und einem damit verbundenen Verdünnungseffekt des Wirkstoffs. Jedoch ist dieser Futteraustausch notwendig, um den Wirkstoff gleichmäßig im Volk zu verteilen und alle Milben zu erreichen. Es besteht daher weiterer Optimierungsbedarf, um die für die Zulassung notwendigen Wirkungsgrade von über 90% zu erreichen, ohne die Bienenbrut zu schädigen. Anhand von quantitativen Lithium-Analysen über ICP-OES konnte bestätigt werden, dass der Wirkstoff im Volk gleichmäßig verteilt wird. Bereits einen Tag nach der LiCl-Applikation wurden im Schnitt 93 mg/kg Lithium in den Honigblasen der Bienen nachgewiesen, unabhängig von ihrer Position im Volk (Rein et al. 2024). Analysen der Bienen-Hämolymphe zeigen, dass bereits nach einer 12-stündigen Fütterung der Bienen im Käfig ein Gleichgewicht von 5 – 8 mg/kg Lithium erreicht wird, welches zum Tod der Milbe führt (Rein et al. 2024). Das Lithium sollte daher nach einer LiCl-Applikation möglichst schnell im gesamten Volk verteilt werden und ausreichend lange im Volk zirkulieren, um möglichst in allen Bienen die für Milben tödliche Konzentration zu erreichen. Diese Konzentration sollte für etwa 48 Stunden aufrechterhalten werden, um eine Milbenmortalität von über 95% zu erreichen. Die im Rahmen der vorliegenden Dissertation durchgeführten Versuche bieten eine umfangreiche Basis für die Entwicklung einer zulassungsrelevanten Applikation. Es konnte gezeigt werden, dass Lithium eine hohe akarizide Wirkung besitzt und lediglich noch einige Optimierungen notwendig sind, um eine bessere Verteilung des Wirkstoffes und damit stabile Wirkungsgrade von über 90% bei brutfreien Völkern zu erreichen. Für brütende Völker müssen jedoch alternative Behandlungsmöglichkeiten entwickelt werden, um den Kontakt der Brut mit dem Wirkstoff zu vermeiden.