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Publication Valorization for biodiversity and ecosystem services in local food value chains - Status quo and future options(2023) Voglhuber-Slavinsky, Ariane; Bahrs, EnnoNeben dem Klimawandel und dem Bevölkerungswachstum ist der Verlust an Biodiversität ein zentrales Thema für die Landwirtschaft als unmittelbar betroffener Bereich, aber verbunden durch die Wertschöpfungsströme auch für das gesamte Agrarsystem. Letzteres umfasst nicht nur die Lieferkette, sondern auch wertschöpfende Prozesse bis hin zum Konsumenten und darüber hinaus weitere Stakeholder wie Zertifizierungsstellen, Behörden etc. aber auch Schnittstellen wie den Energie- oder Gesundheitssektor. Die physische Verortung des Biodiversitätsschutzes bzw. der Biodiversitätsförderung ist allerdings auf die landwirtschaftliche Bewirtschaftung sowie auf den Naturschutz beschränkt. Daher wird oft die Aufgabe des Schutzes der Biodiversität und Ökosystemleistungen alleinig der Landwirtschaft zugerechnet. Die Verknüpfung aller Akteure im Agrarsystem ist allerdings notwendig, um einen effektiven Biodiversitätsschutz zu gewährleisten. Das zunehmende Augenmerk auf die Biodiversität als essentiellen Bestandteil eines funktionierenden Agrarsystems in den letzten Jahrzehnten hat allerdings nicht dazu geführt, dass die Akteure des Agri-Food-Systems ihre individuelle Verantwortung für den Biodiversitätsschutz erkannt haben. Zahlreiche Bemühungen wie die Archi targets, die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt oder das Aktionsprogramm Insektenschutz auf deutscher Ebene haben ihr Ziel verfehlt. Mitunter ist die Tatsache, dass Biodiversität als Gemeingut (common good) in der Regel nicht eingepreist wird und so in wertschöpfenden Prozessen nicht darstellbar ist, ein Grund für das mangelnde Engagement der Akteure. Im Themengebiet der Forschung zur Biodiversität liegt das Hauptaugenmerkt auf der physischen Erfassung sowie auf der Übersetzung dieser Beobachtungen in Zahlenwerte im Zuge einer Integration in bestehende Wertschöpfungsprozesse. Um an dieser Stelle die Verknüpfung konsequent bis hin zum Konsumenten (zivilgesellschaftlich, unternehmerisch) weiterzuziehen, ist es allerdings notwendig, unterschiedliche Optionen der Inwertsetzung zu erörtern, um Zahlungsbereitschaften oder andere Formen der Wertschätzung zu generieren. Es ist daher notwendig, übergeordnete Ziele wie die Archi targets und konkrete Maßnahmen – auch lokaler Natur – miteinander zu verknüpfen. Der Vorteil lokaler Ansätze liegt darin, dass sich Akteure vor Ort besser verpflichten lassen und das Engagement höher ist als bei abstrakteren überregionalen oder gar internationalen Maßnahmen. In Kapitel 4 der Arbeit wird daher die Integration von "lokalen" Maßnahmen zur Förderung eines lokalen Lebensmittelsystems in Szenarien für den Europäischen Food Sektor dargestellt. Außerdem ist die Quantifizierung oder auch der Einfluss auf die Biodiversität nicht nur unter derzeitigen Rahmenbedingungen, sondern auch unter zukünftigen zu bewerten. So wird in Kapitel 3 dargestellt, wie sich die Auswirkungen auf die Umwelt eines landwirtschaftlichen Produkts entlang seines Lebenszyklus gegenüber unterschiedlichen alternativen Entwicklungen darstellen. Die Implementierung von Biodiversität als Umweltbelastungskategorie (environmental impact category) in eine Ökobilanz (Life Cycle Assessment, LCA) ist noch nicht weit verbreitet, stellt aber eine Möglichkeit für die anschließende Inwertsetzung dar. Die in den Szenarien dargestellten Rahmenbedingungen spiegeln zudem die gesellschaftliche Ausrichtung wider und dienen so dazu, soziale Aspekte in die Bewertung der umweltbezogenen Vorteilhaftigkeit von Produkten indirekt einfließen zu lassen. Folglich sind auch die Inwertsetzungsoptionen hinsichtlich ihrer Passfähigkeit mit unterschiedlichen zukünftigen Rahmenbedingungen zu untersuchen. Dieser Ansatz wird in Kapitel 2 untersucht. Auch hier werden durch die Integration von Szenarien soziale Aspekte mitberücksichtigt. Dies kann zu einer besseren Beurteilung der Akzeptanz von Inwertsetzungsoptionen beitragen. Die vorliegende Arbeit soll daher darstellen, wie Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität sowie von Ökosystemleistungen und die monetäre und nicht-monetäre Wertschätzung für die Erbringung dieser Leistungen zusammengeführt werden können. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Interaktion verschiedener Akteure entlang der Wertschöpfungskette relevant, um den bestehenden Fokus auf die Agrarproduktion auf weitere Akteure auszudehnen. Die gegenwärtige Betrachtung wird zudem mittels Foresight-Methoden um einen vorrausschauenden Aspekt erweitert. In Ergänzung zur zeitlichen Perspektive wird räumlich, ausgehend von lokalen Wertschöpfungsketten, auch der internationale Kontext des Agri-Food Systems betrachtet. Das Kapitel 2 analysiert konkrete Inwertsetzungsoptionen für Biodiversität und Ökosystemleistungen entlang der Agri-Food Wertschöpfungskette mit einem Fokus auf private Optionen. Es werden dabei monetäre und nicht-monetäre Optionen untersucht, sowie ein Überblick gegeben, welche Inwertsetzungsoptionen heute bestehen und auch unter zukünftigen Rahmenbedingungen bestehen können. Darüber hinaus wurde das DPSIR-Framework für die Analyse der privaten Inwertsetzungsoptionen angewendet, wobei diese als Responses klassifiziert wurden, sowie eine rechtliche Bewertung vorgenommen. Ein Bewertungsinstrument, das für eine darauffolgende Inwertsetzung genutzt werden kann, ist das Life Cycle Assessment. Dieses nicht nur für die gegenwärtigen Bedingungen anzuwenden, sondern auch unter Berücksichtigung zukünftiger Rahmenbedingungen ist Inhalt des Kapitels 3. Konkret wird das Zukunftspotential einer Technologie unter zukünftigen Rahmenbedingungen untersucht und in der LCA als Veränderung im Backgroundsystem sichtbar gemacht. Hierzu wurden mithilfe von Literaturrecherchen und Experteninterviews die qualitativen Annahmen aus den Szenarien in Veränderungen der Werte des Life Cycle Inventories übersetzt. Dieses Vorgehen ermöglicht es, zukünftige Rahmenbedingungen zu antizipieren und die gegenwärtigen Handlungen besser gegenüber Unsicherheiten auszurichten. Kapitel 4 befasst sich in erster Linie mit der Verknüpfung des lokalen und internationalen Kontextes in Form von lokalen Maßnahmen und Umfeldszenarien zum Europäischen Agri-Food Sektor. Zudem wird in diesem Kapitel auch die zeitliche Perspektive betrachtet, indem die Passfähigkeit der lokalen Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils lokaler Lebensmittel an der Gesamtversorgung gegenüber zukünftigen Entwicklungen geprüft wird. Das in diesem Kapitel gewählte Vorgehen diente als Grundlage für die Prüfung der Robustheit von Inwertsetzungsoptionen gegenüber zukünftigen Entwicklungen in Kapitel 2. Zudem dient das hierin vorgestellte Konzept des Agri-Food Systems dazu, Inwertsetzungsoptionen von Maßnahmen zum Erhalt von Biodiversität und Ökosystemleistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verorten, um so ein größeres Portfolio an Möglichkeiten sichtbar zu machen, als dies bei einer Fokussierung auf die landwirtschaftliche Produktion allein der Fall wäre. Die methodische Kombination von bereits existierenden Rahmenwerken ist eine gute Möglichkeit der Mehrfachnutzung von wissenschaftlichen Ergebnissen zur Generierung neuer Ergebnisse. Dies wird nicht nur in Kapitel 4 deutlich, sondern trifft auch auf die Ergebnisse in Kapitel 3 zu. Hier wird quantitative und qualitative Forschung mittels Literaturrecherche und einer Experteneinschätzung kombiniert. Darüber hinaus zeigt Kapitel 2, dass die Einordnung der unterschiedlichen Ansätze von Inwertsetzungs-optionen sinnvoll durch eine interdisziplinäre Betrachtung ergänzt werden können. Die Erläuterung der rechtlichen Konsequenzen bzw. die systemische Analyse (DPSIR) der Inwertsetzungsoptionen liefert relevante Rückschlüsse für die Praxis und ist übertragbar auf andere Forschungsvorhaben. Als Herausforderung im Kontext der Inwertsetzung von Maßnahmen zum Erhalt von Biodiversität und Ökosystemleistungen (BES) erweist sich die Tatsache, dass die Verantwortung für den Schutz von BES vorrangig der Landwirtschaft zugerechnet wird. Diese ist mit ihrer naturräumlichen Verflechtung naturgemäß Hauptakteur, wenn es um die konkrete physische Implementierung von Maßnahmen geht. Sie ist aber nicht alleinig für die Initiierung und Ermöglichung verantwortlich. Es ist daher notwendig, alle Akteure entlang der Agri-Food Wertschöpfungskette zu animieren, ihren Beitrag für den Schutz von BES zu leisten. Darüber hinaus sind viele Möglichkeiten der Inwertsetzung auf bestimmte örtliche Gegebenheiten ausgerichtet, wie zum Beispiel informierte und interessierte Anwohner, und können so nur bedingt auf andere Konstellationen übertragen werden. Diese Kleinteiligkeit der Ansätze erschwert es, eine einfache Übertragung von Konzepten sicherzustellen. Des Weiteren gib es keine einheitliche Definition von Inwertsetzungsoptionen zum Erhalt von BES, was die Zuordnung und die Kommunikation bestehender Initiativen erschwert. Es ist daher anzustreben, Best-Practice Beispiele zu kommunizieren, sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch im internationalen und nationalen Governancebereich bis zu den Konsumenten. Dabei ist darauf zu achten, dass regionale Besonderheiten herausgestellt werden und somit Bewusstsein für die Notwendigkeit der Anpassung geschaffen wird. Die Definition des Begriffs Inwertsetzung (valorization) in Abgrenzung von der reinen Bewertung (valuation) ermöglicht es, die Ansätze herauszustellen, die die Maßnahmenumsetzung mit konkreten Akteuren und deren Wertschätzung verbinden. Die vorliegende Arbeit deutet den Nutzen digitaler Vernetzung an, beispielsweise für die Rückverfolgbarkeit von unter bestimmten Rahmenbedingungen hergestellten Produkten oder einer besseren Raumplanung im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Erhalt von BES. Dieser Aspekt sollte in zukünftiger Forschung vertieft werden und hinsichtlich seiner rechtlichen Konsequenzen beleuchtet werden. Ein entscheidender Punkt wird darüber hinaus die Akquirierung von Akteuren entlang der Agri-Food Wertschöpfungskette sein. Es gilt in weiteren Inwertsetzungsoptionen die Einbindung dieser zu verstärken und somit einen systemischen Ansatz zum Erhalt und zur Förderung von BES zu verfolgen.