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Publication Betriebswirtschaftliche Optimierung des Einsatzes landwirtschaftlicher Produktionsfaktoren am Beispiel von Traktoren und chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln(2023) Witte, Felix; Bahrs, EnnoDie deutsche Landwirtschaft befindet sich in einem Spannungsfeld aus beständigem Kostendruck und gleichzeitig steigenden gesellschaftlichen Forderungen nach einer nachhal-tigeren Bewirtschaftungsweise. Dies erfordert eine ständige Optimierung landwirtschaftlicher Produktionsfaktoren, zu denen auch der Traktoreneinsatz als wesentlicher Teil der Maschinen- bzw. Arbeitserledigungskosten sowie der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel zählen. Die gesellschaftspolitischen Forderungen nach stärker zu reduz-ierenden Einsatzmengen und Risiken des chemisch-synthetischer Pflanzenschutzes schlagen sich in der aktuellen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP 2023-2027) der EU nieder. Mit den sogenannten Eco-Schemes werden finanzielle Mittel aus der ersten Säule der gemeinsamen Agrarpolitik an die Erfüllung konkreter umweltorientierter Bewirtschaftungsweisen geknüpft. Eins dieser Eco-Schemes „Bewirtschaftung von Acker- oder Dauerkulturflächen des Betriebes ohne Verwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln“ adressiert in Deutschland die Reduktion von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel. Dabei werden bis zu 130 €/ha (2023) ausgezahlt. Solche Wirtschaftsweisen ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel gewinnen perspektivisch an Bedeutung. Der beim Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel als Produktionsfaktor erkennbare dynamische Wandel ist auch beim Traktoreneinsatz erkennbar. Jedoch weniger aus rechtlicher Perspektive, sondern der Bedeutung nach. Dabei gilt: In der Kostenstruktur landwirtschaftlicher Betriebe kommt den Maschinenkosten eine große und wachsende Rolle zu. Die bedeutendste Gruppe innerhalb der Maschinenkosten stellen Kosten für Traktoren dar. Im Gegensatz zu chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln stehen sie in keiner direkten Beziehung zum Naturalertrag. Vor dem Hintergrund von international festgestellten nicht linearen Entwertungsverläufen von Traktoren und einer jüngst auch in deutschen Kalkulationsdaten aufgenommenen stärker leistungsabhängigen Entwertung, auch unterhalb der Auslastungsschwelle, stellt sich die Frage nach daraus folgenden Optimierungspotentialen. Insbesondere könnte die Bedeutung der Beschäftigungsdegression durch einen leistungsbedingten Wertverlust zurückgehen. Diese Arbeit beschäftigt sich mit beiden Themenfeldern – chemisch-synthetischen Pflan-zenschutzmitteln und Landmaschinen am Beispiel von Traktoren – vor dem Hintergrund der betriebswirtschaftlichen Optimierung ihres Einsatzes. Sie untersucht zum einen das Entwertungsverhalten von landwirtschaftlichen Maschinen am Beispiel von Traktoren in Deutschland und welche Optimierungspotentiale sowie Empfehlungen sich daraus für landwirtschaftliche Entscheider ergeben. Zum anderen wird untersucht, welche betriebswirtschaftlichen Potentiale sich aus dem Eco-Scheme zur „Bewirtschaftung von Acker oder Dauerkulturflächen des Betriebes ohne Verwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln“ am Beispiel einjähriger Ackerkulturen ergeben. Das Entwertungsverhalten der Traktoren wird mit hedonischen Preismodellen auf Basis von Onlineinseraten untersucht. Mittels multipler-linearer Regressionen mit dem transformierten Inseratspreis als abhängiger Variable werden betriebsstunden-, motorleistungs-, fabrikats- und altersabhängige Entwertungsfunktionen geschätzt. Sie deuten an, dass ein linearer Zusammenhang das Entwertungsverhalten von Traktoren nicht vollständig korrekt beschreibt. Die Entwertung folgt einem degressiven Verlauf und unterscheidet sich zwischen den Fabrikaten und Motorleistungsklassen. Die Entwertung ist auch von den Betriebsstunden abhängig. Diese Funktio-nen werden genutzt, um die Ökonomie von Neu- und Gebrauchtkäufen im Rahmen einer Investitionsrechnung zu vergleichen und die Bedeutung des optimalen Ersatzzeitpunktes und der Auslastung zu untersuchen. Mit dem Ergebnis, dass der Gebrauchtkauf vor allem bei niedrigen Auslastungsgraden bis etwa 300 h/a rentabel ist. Bei einer hohen Auslastung von mehr als 900 h/a ist ein Neukauf vorzüglich. Das größte Optimierungspotential liegt in einer möglichst hohen Auslastung. Auch bei einer leistungsbezogenen Entwertungskomponente bleibt also die Beschäftigungsdegression entscheidend für die Optimierung von Maschinen-kosten. Der optimale Ersatzzeitpunkt ist weniger bedeutend. Von ihm kann, meist, um Jahre abgewichen werden, ohne dass die Durchschnittskosten im Modell um mehr als 1% steigen. Außerdem werden in der Arbeit vor dem Hintergrund der Inflation der Jahre 2022 und 2023 und des technischen Fortschrittes die Preissteigerungen von neuen und gebrauchten Traktoren gegenübergestellt. Letztgenannter Ansatz verwendet Quantilsregressionen und nutzt Auktionsergebnisse als Datengrundlage. Technischer Fortschritt bzw. dessen Auswirkung auf die Preissteigerung kann bei Traktoren nachgewiesen werden. Der Preisanstieg von neuen und gebrauchten Traktoren im Zuge der Inflation ist zumindest in den betrachteten Jah-ren vergleichbar. Die hedonischen Modelle wurden mit einer Befragung flankiert, bei der Preisschätzungen landwirtschaftliche Akteure mit den Modellen verglichen wurden. Die hedonischen Modelle zeigen sich in der Befragung den menschlichen Schätzungen überlegen. Allgemein sollte der Restwert am Ende der angestrebten Nutzung sorgfältig geschätzt werden. Auf diesen kann auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse weiterhin im Sinne einer Durchschnittskostenbetrachtung linear abgeschrieben werden. Allerdings sollte die lineare Abschreibung auf eine bestimmte Anzahl von Jahren nicht initial zur Restwertbestimmung genutzt werden. Bei der betriebswirtschaftlichen Optimierung und volkswirtschaftlichen Beurteilung der angestrebten Pflanzenschutzmittel und -risikenreduktion erfolgt ein Methoden- und Empiriewechsel. Anhand einer schlagbasierten und georeferenzierten Landnutzungsmodellierung, die auf linearer Programmierung basiert, wird der Deckungsbeitrag des konventionellen Anbaus von Ackerbaukulturen unter Berücksichtigung von Restriktionen auf kommunaler Ebene maximiert. Verschiedene Preisszenarien und Förderhöhen für das erwähnte Eco-Scheme werden betrachtet. Das Niveau gewünschter Naturalproduktionsmengen und Arbeitskräfteverfügbarkeit werden variiert, um Elastizitäten der Umsetzungspotentiale aufzuzeigen. Es werden ergänzend verschiedene Pflanzenschutzindikatoren betrachtet, um Aussagen zur ökologischen Wirksamkeit bzw. veränderten Risiken von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und damit zum Beitrag für die Farm to Fork Strategie ableiten zu können. Demnach weißt das untersuchte Eco-Scheme bei der aktuellen Förderhöhe von 130 €/ha unter der Annahme von konstanter Arbeitskräfteverfügbarkeit und konstanter Bereitstellung von Naturalerträgen (gemessen in Getreideeinheiten) ein begrenztes Umsetzungspotential auf. Es beträgt gemäß Modell 12,8% des konventionel-len Ackerlandes in Baden-Württemberg. Legt man ein Produktpreisszenario auf dem erheblich höheren Niveau des Frühjahres 2022 zu Grunde, sind es nur 4,3%. Bei gelockerten Restriktionen für die Arbeitskräfteverfügbarkeit und die Bereitstellung von Naturalerträgen steigt das Umsetzungspotential an. Der Rückgang verschiedener Pflanzenschutzindikatoren fällt gegenüber dem Umsetzungspotential geringer aus. So geht beispielsweise die insgesamt eingesetzte Wirkstoffmasse im beschriebenen Basisfall um 4,4% zurück. Der Effekt des Eco-Scheme auf die eingesetzte Wirkstoffmasse und andere Pflanzenschutzindikatoren ist zumindest bei der aktuellen Förderhöhe gering. Die Umsetzung des Eco-Schemes kann insbesondere in Sommergetreidearten und auf ertragsschwachen Standorten rentabel sein. In Zuckerrüben und Kartoffeln kommt es bei der angestrebten Höhe der Förderung faktisch zu keinem Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Eine höhere Förderung als 130 Euro/ha würde zu Mitnahmeeffekten führen und einen trade-off zwischen der Effek-tivität der Reduktion und ihrer Kosteneffizienz darstellen. Für eine Implementation pflanzenschutzmittelfreier Anbauverfahren auf landwirtschaftlichen Betrieben muss beachtet werden, dass der Arbeitskraftbedarf durch die Umsetzung steigen wird. Eine Handlungsempfehlung für die Politik ist somit nicht ausschließlich, das Prämienniveau zu erhöhen, sondern eine nach Kulturen abgestufte Förderung zu erwägen. Limitationen der vorliegenden Ergebnisse ergeben sich aus den verwendeten Daten, Annahmen und der Methodik. Onlineinserate von Traktoren stellen keine echten Verkaufsvorgänge dar. Allerdings zeigen sie enge Zusammenhänge zu Auktionsergebnissen. Beim Eco-Scheme sind insbesondere die ange-nommenen Ertragsverluste durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz-mittel mit Unsicherheit behaftet. Das verwendete Landnutzungsmodell unterstellt einen ra-tionalen und risikoneutralen Gewinnmaximierer. Auch wenn das Modell sinnvolle Einblicke in ökonomische Aspekte und Potentiale des Pflanzenschutzmittelverzichtes liefert, kann es landwirtschaftliche Entscheider nicht vollständig abbilden, zumal die Betrachtung die Betriebsebene ausklammert. Dies zeigt sich daran, dass die reale Umsetzung des Eco-Schemes deutlich unter den vom Modell erwarteten Werten zurückbleibt. Ein Forschung-sansatz für die Zukunft ist, die Betriebsebene in die Landnutzungsmodellierung zu integrieren, um Aussagen über Landnutzungssysteme mit ganzheitlichem Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu ermöglichen. Obwohl sich die Arbeit auf zwei Produ-tions- und damit Kostenfaktoren der landwirtschaftlichen Produktion beschränkt, ist die Betrachtung beider Themenfelder von nicht zu unterschätzender Bedeutung, insbesondere im Arbeitsalltag von Landwirten. Die Ergebnisse sind aber auch für politische Entscheider relevant. Dies zeigt sich gegenwärtig bei der Reduktion von chemisch-synthetischen Pflan-zenschutzmitteln.