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Doctoral Thesis
2025
Straßenzeitungen in Deutschland – ein Medium im Spannungsfeld zwischen normativem Anspruch und publizistischem Erfolg
Straßenzeitungen in Deutschland – ein Medium im Spannungsfeld zwischen normativem Anspruch und publizistischem Erfolg
Abstract (English)
Straßenzeitungen sind journalistische Produkte, die in Form von Zeitungen oder Magazinen auf den Straßen in unseren Städten überwiegend von obdach- oder wohnungslosen Menschen, aber auch Menschen, die in Armut leben, verkauft werden (vgl. Kulke, 2015, S.10). Der Verkauf dieser Zeitungen soll den Betroffenen helfen, sich ein kleines Zubrot zu verdienen. Neben diesem Verdienst stellen Straßenzeitungsprojekte auch ein Angebot an sozialarbeiterischer Betreuung zur Verfügung. Durch den Verkauf der Zeitungen und den Kontakt mit den Kunden, aber auch durch die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Mitarbeitern im Straßenzeitungsprojekt, kann der Betroffene verschiedene Arten des Empowerments (ökonomisch, sozial, psychologisch und politisch) erfahren (vgl. Magallanes-Blanco & Pérez-Bermúdez, 2009). Dieses Empowerment soll ihn befähigen, sein Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen und sich selbst als Teil der Gesellschaft in diese hinein zu reintegrieren (vgl. Bode, 2021, S.384).
Die Straßenzeitungen – also die journalistischen Produkte, die auf den Straßen verkauft werden – spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie werden in den Medienorganisationen, genannt Straßenzeitungsprojekte, unter besonderen Bedingungen produziert. Straßenzeitungsprojekte verfügen über alternative Organisationsstrukturen, die Medienmacher haben oft eine andere Wahrnehmung und Rollenvorstellung als klassische Journalisten und es gibt andere Arbeitsroutinen als in den etablierten Mainstream-Medien (vgl. Scheufele & Schieb, 2014, S.31-42; oder für alternative Medien Bailey et al., 2008, S.19; Kenix, 2008). Von besonderer Bedeutung sind die Medieninhalte der Straßenzeitungen, die das Leben, die Perspektiven und Erfahrungen der Betroffenen wiedergeben sollen (vgl. Howley, 2003, S.280-281; Scheufele & Schieb, 2014, S.44). So kann auf ihre Situation und ihre Bedürfnisse hingewiesen werden und das Medium kann in die Mitte der Gesellschaft hinein seine Wirkung entfalten (vgl. Howley, 2003, S.283).
In dieser Arbeit steht die Genese der Medieninhalte von Straßenzeitungen im Vordergrund. Dabei untersuche ich, ob unterschiedliche Eigenschaften der Organisations-form, der Medienmacher und der Arbeitsroutinen Auswirkungen auf die publizierten Medieninhalte haben. Die Theorie meiner Arbeit besteht einerseits aus Ansätzen und Theorien zur Forschung von alternativen Medien und andererseits aus einem international stark zitierten und beforschten Gatekeeping-Ansatz, der Hierarchie der Einflüsse. Letztere stellt für mein Forschungsvorhaben eine verbindende theoretische Klammer zwischen den einzelnen Untersuchungsebenen dar. Die theoretischen Grundlagen zu alternativen Medien dienen mir dazu, die einzelnen beobachteten Eigenschaften auf dem Spannungsfeld zwischen alternativen und Mainstream-Medien zu verorten. Diese Kontrastfolie dient mir bei der Einordnung der Befunde als empirischer Kompass und hilft mir aufzuzeigen, wie stark die charakteristischen Merkmale einzelner Straßenzeitungsprojekte dem Ideal eines alternativen Mediums entsprechen.
Für meine Untersuchung habe ich 3 Teilstudien mit drei getrennten Erhebungen durchgeführt. Zum einen habe ich 25 Vertreter von Straßenzeitungen in Deutschland interviewt und im Anschluss eine qualitative Inhaltsanalyse am Interviewmaterial durchgeführt. Dabei wurden die Bereiche Medienmacher, Arbeitsroutinen und Organisation charakterisiert und vor dem Spannungsfeld zwischen alter-nativen Medien und Mainstream-Medien verortet. Vor dieser qualitativen Arbeit habe ich eine kurze Onlineumfrage durchgeführt, um Kerncharakteristika (zum Beispiel: Periodizität, Auflagenstärke, Verbreitungsgebiet) der Straßenzeitungen zu erheben. In einer dritten Erhebung wurden in einer quantitativen Inhaltsanalyse die Ausgaben des letzten Jahres der Straßenzeitungen erfasst. Der Fokus lag dabei insbesondere auf den alternativen Eigenschaften der Medieninhalte.
In den Analysen werden zuerst die Befunde für die jeweiligen Bereiche vorgestellt und in Teilen bereits in bivariaten Verfahren besprochen. Abschließend habe ich mit Hilfe der Qualitative Comparative Analysis (QCA) alle Bereiche in einer Between-Methods-Triangulation zusammengeführt und konnte so analysieren, welche Bedingungen für das Zustandekommen von welchen Medieninhalten von Bedeutung sind. Die Analysen bestätigen die Vermutungen: Je alternativer ein Straßenzeitungsprojekt in seiner Grundausrichtung in den Bereichen Medienmacher, Routinen und Organisation ist, umso alternativer werden auch die Medieninhalte. Hierbei scheint vor allem der Bereich der Arbeitsroutinen besonders wichtig und einflussreich zu sein.
Meine Dissertation gehört im Hinblick auf die eingenommene Mehrebenen-Logik im Bereich der Gatekeeping-Forschung zu einer der wenigen existierenden Studien, die mehr als zwei Ebenen inhaltlich und methodisch sinnvoll miteinander verknüpft und die Genese von Medieninhalten erklärt. Weiterhin schafft es meine Studie, die Leerstelle der Forschung zu Straßenzeitungen in Deutschland (vgl. Bode, 2021, S.371; Scheufele & Schieb, 2014, S.32) durch Aufarbeitung eines umfangreichen Samples zu füllen.
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Faculty
Faculty of Business, Economics and Social Sciences
Institute
Institute of Communication Science
Examination date
2025-04-07
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Hummel, G. (2025). Straßenzeitungen in Deutschland – ein Medium im Spannungsfeld zwischen normativem Anspruch und publizistischem Erfolg. https://doi.org/10.60848/13408
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German
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070 News media, journalism, and publishing
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